Arzneimittelversorgung gefährdet?! DAK-VRV Spitzenkandidatin Barbara Krell-Jäger zeigt Ursachen, Wirkungen und Lösungen auf

Barbara Krell-Jäger ist Spitzenkandidatin der DAK-VRV bei der Sozialwahl der DAK-Gesundheit. Als Apothekerin ist Sie mit dem Thema der Arzneimittelversorgung bestens vertraut. Im Verwaltungsrat der DAK-Gesundheit setzt sich Barbara Krell-Jäger gemeinsam mit der Fraktion der DAK-VRV für die bestmögliche Versorgung der Versicherten ein. Nachstehender Beitrag wurde in der Mitgliederzeitschrift DAK-VRV Aktuell 1/23 veröffentlicht:

Arzneimittelversorgung
Viele machen derzeit die Erfahrung, dass „ihr“ Arzneimittel nicht lieferbar ist. Wohl dem, der das nur aus der Presse erfährt. Die Betroffenheit bei den Patienten ist groß. Das Thema auch. Nachstehend werden Ursachen, Wirkungen und Lösungen aufgezeigt. Betroffen sind wichtige Arzneimittel wie Tamoxifen (Brustkrebs), Antibiotika, Blutdrucksenker, Heparine (Blutverdünner) oder Fiebersäfte für Kinder. Gerade da hatte sich die Situation vor Weihnachten sehr zu-gespitzt. Wie kann es zu solchen Engpässen kommen?

Versorgungsengpass
Die Hersteller kämpfen mit Rohstoffknappheit (betrifft Wirkstoffe, aber auch Hilfsstoffe), wenn sie nur auf wenige, manchmal nur eine einzige Produktionsstätte weltweit zurückgreifen können. Diese liegt häufig in China oder Indien, wo nicht selten unzureichende Produktionsbedingungen herrschen. Lieferungen können daher wegen Qualitätsmängeln teilweise oder komplett ausfallen. Meist handelt es sich um Generika, Präparate, die nach dem Patentablauf deutlich kostengünstiger auf den Markt kommen. Die Erträge der Hersteller liegen auf Grund der von der DAK-VRV grundsätzlich begrüßten preispolitischen Rahmenbedingungen wie Festbeträge und Rabattverträge oft nur noch im Cent-Bereich. Aktuell werden sie nochmals gemindert durch die Inflation und steigende Energiepreise und sind kaum kostendeckend.
Wie reagiert der Hersteller? Er zieht sich vom Markt zurück. Gibt es dann keine gleichwertige therapeutische Alternative spricht man von einem Versorgungsengpass. Der Gesetzgeber kann darauf reagieren, indem er z. B. den Apotheken erlaubt, Fiebersäfte „im Voraus“ herzustellen (der Wirkstoff an sich muss dann aber noch verfügbar sein, z. B. als Tablette) oder, wenn das Arzneimittel im Ausland noch angeboten wird, dieses zu importieren.

Lieferengpass
Davon ist die Rede, wenn eine über zwei Wochen hinausgehende Lieferunterbrechung eines Arzneimittels oder eine sprunghaft erhöhte Nachfrage vorliegt (Hamstern!). In diesen Fällen gibt es jedoch meist Alternativen von anderen Herstellern oder ähnlich wirkende Arzneimittel, auf die der Arzt oder Apotheker umstellen kann. Das kann jedoch der Therapietreue des Patienten und damit der Sicherheit der gesamten Arzneimitteltherapie schaden.
Der Gesetzgeber ist gefordert, steuernd einzugreifen. Die Süddeutsche Zeitung titelte am 20.12.2022: „Lauterbach plant Gesetz gegen Medikamentenmangel“. Eine Lösung wäre die Stärkung der Produktionsstandorte in der EU, auch in Deutschland. Eine Forderung, die die DAK-VRV schon lange erhebt. Das geht nicht von heute auf morgen, auch wenn es im Koalitionsvertrag steht. Schneller umgesetzt werden kann eine Ausweitung der Pflicht zur Vorratshaltung beim Arzneimittelgroßhandel und bei den Herstellern - von bisher zwei auf sechs Wochen. Mittlerweile wurde begonnen, eine Aufweichung der aus Sicht der Hersteller strengen Preisvorgaben zu diskutieren. Die gibt es nicht zum Nulltarif. Die Kassen werden deutlich mehr Geld für Arzneimittel ausgeben und wir, die Versicherten, merken es dann über den Beitrag zur Krankenversicherung.

Arzneimittelsicherheit
Für eine sichere Arzneimitteltherapie müssen Qualität und Patientennutzen der Arzneimittel kontinuierlich auf den Prüfstand und - daraus abgeleitet - deren Preiswürdigkeit. Denn was nützen Arzneimittel, die nicht bezahlbar sind? Dies betrifft in erster Linie patentgeschützte Arzneimittel, darunter häufig sog. Biologische Arzneimittel und Orphan Drugs (Arzneimittel zur Behandlung seltener Erkrankungen). Auf letztere entfallen beispielsweise 13,5% aller Arzneimittelausgaben, aber nur 0,07% der Tagesdosen!
Die wirtschaftlichen Erwartungen der Hersteller und der nachgewiesene therapeutische Nutzen beim Patienten stimmen hier nicht überein. Es müssen ordnungspolitisch neue Wege gefunden werden, um auf diesem Gebiet beidem gerecht zu werden.
Zu einer hochwertigen Arzneimitteltherapie gehört nicht nur ein angemessener Preis, sondern auch die Vermeidung unnötiger oder gar gefährlicher Medikamente. Dies ist besonders wichtig bei Patienten, die oft fünf und mehr verschiedene Arzneimittel dauerhaft einnehmen (Polypharmazie). Ältere Patienten und Mehrfacherkrankte leiden häufig an mehreren chronischen Krankheiten, die therapiebedürftig und theoretisch behandelbar sind. Jedoch ist das Risiko von Arzneimittelnebenwirkungen und Interaktionen bei ihnen u. a. wegen des sich im Alter verlangsamenden Stoffwechsels deutlich erhöht. Problematisch ist, dass die den ärztlichen Behandlungsleitlinien zugrunde liegenden Studien diese Personenkreise nicht ausreichend berücksichtigen. Daher sind für sie sowohl der Nutzen als auch die Risiken nicht immer vorhersehbar.
Es gibt es noch viel Beratungs- und Informationsbedarf auf Seiten der Ärzteschaft. Vor allem ist eine bessere Kommunikation zwischen den Behandlern unabdingbar. Das geht nur über eine Digitalisierung, insbesondere über eine sorgfältig geführte, allseits etablierte elektronische Patientenakte (ePA).

Barbara Krell-Jäger, München
Apothekerin und Spitzenkandidatin der DAK-VRV bei der Sozialwahl

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